Liquiditätsengpässe, Forderungsausfälle, Kundenpleiten – deutsche Unternehmen ächzen unter der Last der Finanzierung. Dennoch werden die notwendigen internen Instrumente viel zu wenig genutzt.
Gerade kleine und mittlere Unternehmen müssen intern Maßnahmen ergreifen, um vermeidbare Risiken auch wirklich konsequent und professionell zu vermeiden. Das ist ein Fazit einer Studie der Euler Hermes Kreditversicherungs-AG, bei der 400 Unternehmen sowie 16 Experten, darunter Wirtschaftsprüfer, Insolvenzberater und Kreditmanager zur Risikoeinschätzung und -prävention befragt wurden.
Selbsteinschätzung kontra Realität
Während die befragten Unternehmen die Ursachen ihrer Liquiditätsprobleme vor allem in externen Faktoren wie der schlechten Konjunktur, bürokratischen Hemmnissen oder verschärften Kreditvergabepraxis sehen, weisen die Experten deutlich auf interne Ursachen hin. Einer der größten Risikofaktoren, so die Experten, sei „ein hundsmiserables Debitorenmanagement vor allem bei kleinen und mittleren Unternehmen“. Als weitere Faktoren nennen die Experten neben der schlechten Zahlungsmoral der Kunden vielfach „mangelndes betriebswirtschaftliches Know-how“. Viele Unternehmen würden auch viel zu langsam oder gar nicht auf Veränderungen der Märkte reagieren. Nach dem Motto „das hat schon immer so geklappt“ arbeiteten viele, ohne den globaleren Wettbewerb, den technischen Fortschritt oder die veränderte Wettbewerbssituation in ihr Risikomanagement einzubeziehen.
Nachlässige Bonitäts-Prüfungen
Die meisten Risiken sind mit entsprechendem Management und Know-how beeinflussbar, so die Studie weiter. Das gilt vor allem für die Einschätzung des Forderungs-Ausfallrisikos sowie das Verhalten gegenüber säumigen Zahlern. Insgesamt bestünde einer hoher Nachholbedarf im Kredit- und Forderungsmanagement. So führen nur 55 % der Unternehmen bei neuen Kunden immer oder meistens eine Risiko-Analysen anhand von Bonitätsprüfungen durch. In den Branchen Gewerbe und Handel tun dies immerhin 70 %, während der Dienstleistungsbereich zur Risikominimierung eher auf die Vereinbarung individuellen Zahlungszielen setzt. Bei neuen Aufträgen bestehender Kunden nutzen nur noch 29 % die Bonitätsprüfung zur Messung der Ausfallwahrscheinlichkeit – mehr als 70 % prüfen „selten“ oder „nie“. Bestehen Zweifel an der Zahlungsfähigkeit, lehnen nur knapp die Hälfte der befragten Unternehmen Aufträge neuer Kunden ab. Die meisten (44 %) verlangen in solchen Fällen Vorkasse, 40 % sprechen die Lage offen an oder gestalten den Vertrag entsprechend. 13 % begnügen sich mit einer vertraglichen Absicherung und immerhin noch 3 % der Befragten nehmen den Auftrag trotz der Ausfallrisiken an.
Zu selbstzufrieden
Trotz dieser offensichtlichen Mängel, zeigen sich die Befragten bei der Beurteilung ihres Kreditmanagements sehr selbstzufrieden. Die Experten dagegen beurteilen die Situation kritischer. Sie sehen die Hauptrisiken in mangelnder Vorsorge und zu geringem Problembewusstsein. „Viele sind schon zufrieden, wenn sie nur die Hälfte des Geldes bekommen und den Auftrag abhaken können. Die Scheu, Forderungen konsequent nachzugehen, ist groß“, so Experten-Aussagen. So verfügen nur 56 % der Befragten über einen internen Bereich für das Forderungsmanagement. Bei 38 % der Firmen sind diese Aufgaben unsystematisch auf verschiedene Firmenbereiche verteilt. Werden Zahlungsfristen überschritten, bedienen sich die meisten Firmen des innerbetrieblichen Mahnwesens, also schriftlicher, telefonischer oder persönlicher Mahnung – meistens jedoch ohne klare Mahnregeln und -fristen.
Nur wenige nutzen externe Dienstleister
Bei einer plötzlichen negativen Änderung des Zahlungsverhaltens eines Kunden scheuen sich 4 % der Unternehmen, der Forderung sofort nachzugehen und warten zunächst ab. 15 % entscheiden sich für eine standardisierte Erinnerung. Die meisten (etwa 80 %) nehmen in einem solchen Fall den persönlichen Kontakt zum Kunden auf.
Nur 6 % delegieren das Forderungsmanagement an einen externen Dienstleister. Dabei kommt es zur Eintreibung von Außenständen besonders im Handel vergleichsweise häufiger als in anderen Branchen zu gerichtlichen Auseinandersetzungen, zur Beauftragung eines Anwaltes oder eines Inkassobüros. Fast drei Viertel der Befragten gehen davon aus, dass bei ihrem Forderungsmanagement kein Änderungsbedarf besteht. Gerade einmal 5 % wollen es grundlegend verbessern, 17 % davon in einzelnen Punkten. Dabei betreffen geplante Neuerungen insbesondere das betriebliche Mahnwesen. Gerade kleine Unternehmen scheuen aber die notwendigen Investitionen von Zeit und Personal für das Kreditmanagement. Aber, so die Experten: „Die Problematik entsteht gerade erst.“
Experten warnen
Insgesamt erkennen die Experten Nachlässigkeiten im Kreditmanagement als eine wesentliche Ursache für Forderungsausfälle, und sie warnen: „Je länger eine Forderung draußen ist, desto schwieriger wird die Realisierung und der Ausfall wahrscheinlicher.“ Viele Unternehmen würden auch die Prüfung der Bonität von Kunden vernachlässigen und sich scheuen, berechtigte Forderungen konsequent durchzusetzen, weil sie die Verärgerung des Kunden fürchten. Der Experten-Rat: „Man muss sich trauen, auch mal Tacheles zu reden.“ Insgesamt könnten KMUs das Forderungsausfallrisiko bis auf ein relativ geringes Restrisiko auf vielfältige Weise effektiv begegnen.
Schutz vor kalkulierbaren Risiken und Zahlungsausfällen
Das Unternehmen p_w online services GmbH in Aschheim will Händlern und Verbrauchern die Auskunft über die Kreditwürdigkeit ihrer Kunden und Geschäftspartner erleichtern. Ab sofort können Verbraucherdaten sicher im Internet über www.bonitaetfinder.de abgerufen werden, kündigte Herr Johannes Schuhmacher in Aschheim an. Bisher bei Mitbewerbern teure schriftlich oder telefonisch abgefragte Verbraucherdaten können ab jetzt sofort online für nur 4,85 Euro abgerufen werden. Im Internet soll diese Gebühr für einen längeren Zeitraum gelten.